Text von 1920

Fischkonserven

|

Die Mehrzahl der Fische wird zum Genuss für eine spätere Zeit konserviert, um das sehr wenig haltbare Fischfleisch haltbar zu machen. Dieser Zweck wird auf verschiedenen Wegen erreicht. Einfachstes und ältestes Konservierungsmittel dem Fischfleisch sein Wasser durch Trocknen an Luft zu entziehen (Stockfisch); ferner Kochsalz. Frische Fische einsalzen, man erreicht damit gleichzeitig teilweise Entwässerung, denn in Berührung mit Kochsalz tritt, einem einfachen physikalischen Gesetz folgend, durch die tierische Haut und die Membranen der Gewebe, Wasser aus, während Kochsalz in gelöster Form in Gewebe eindringt. Fisch, Fischfleisch tritt dadurch, sorgfältig gepackt, unter Saft, dieser Saft, die Salzlake, wirkt ihrerseits dadurch konservierend ein, dass sie Luft und deren Fäulniskeime vom F1schkörper abhält.

Man salzt im wesentlichen Seefische, z. B. Hering und seine Verwandten. Vielfach kennt man als Salzfisch bei uns nur Hering und Sardelle. Wo es sich um die Herstellung von Dauerware handelt, wird das Salzen häufig mit dem Dörren kombiniert, d. h. mehr oder weniger stark gesalzenes Fischfleisch an der Luft getrocknet. Vorher gesalzenes Fleisch trocknet weit eher und ist übrigen haltbarer.

Jedes Räuchern hat ein gewisses Austrocknen durch Wasserverlust im Gefolge, welcher gewöhnlich noch dadurch gefordert wird, dass man durch mehr oder weniger starkes Salzen ein vorheriges teilweises Entwässern erreicht. Andererseits ist beim Räuchern das Kalträuchern bei 25° C und das Warmräuchern bei 70 — 100° C wohl zu unterscheiden. Das erstere kommt darauf hinaus, durch länger andauerndes Einwirken der konservierenden Rauchgase (Kreosot Essigsäure und andere im Holzteer vorkommende Körper) das rohe Fischfleisch mit den konservierenden Stoffen zu durchdringen und dadurch haltbar und roh genießbar zu machen. Fleischräuchereien wenden dieses Verfahren, bei welchem nur mäßig warmer, aus qualmenden Holzspänen erzielter Rauch das zu konservierende Fleisch umspielt, ausnahmslos an (Schinken, Rauchfleisch, Speck).

Bei der Fischfleischkonservierung wird dieses Verfahren wesentlich beim Lachs und einigen seiner Verwandten (Schnäpel, Maräne) und außerdem bei kalt geräuchertem Schellfisch angewendet. Dieses Kalträuchern liefert eine verhältnismäßig lange haltbare Dauerware. Alle andren Rauchfische werden warm geräuchert, wobei das Fischfleisch durch die heißen Rauchgase erwärmt und gewissermaßen im eigenen Saft gargekocht wird. Kleine Fische werden ausnahmslos unzerschnitten und warm geräuchert. Der beliebteste typische Rauchfisch dieser Räucherung ist der Hering (Bückling, Pökling) und sein naher Verwandter, der kleine Sprott (Kieler Sprotte) sowie von den Plattfischen die Flunder. Die Nordseescholle eignet sich weniger zum Räuchern; sie ist meist etwas trocken.

Es stammen ferner von der Nordsee noch geräucherte kleine Schellfische, der Knurrhahn, auch der Lump, ein ziemlich unförmiger, recht fetter Fisch. Von den Binnenfischen kommt als Rauchfisch im wesentlichen nur der Aal in Betracht, doch schmeckt auch der Karpfen geräuchert sehr gut. Diese geräucherten Fische haben durch Frische bedingten Wohlgeschmack und nur eine recht begrenzte Haltbarkeit. Auch der große Salzhering kommt gelegentlich geräuchert in den Handel — ein ziemlich zweifelhafter Genuss, doch hält sich natürlich die Konserve recht gut infolge der gleichzeitigen Mithilfe des Salzes.

Eine weitere Form der Konservierung besteht darin, unter Öl auf zu bewahren. Das Abtöten der Fäulnissporen wird in der Weise vorgenommen, dass der Fusch mit dem darüberstehenden Öl erhitzt wird. Die bekannteste dieser Ölfischkonserve ist die Ölsardine und die Thunfischkonserve.

Brathering, Neunauge (Bricke), Aalbricke und für die Marinaden- und Essigkonserven Russische Sardinen, Rollmops und die Geleekonserven werden in Blechdosen konserviert. Ohne hier auf die speziellen Methoden der Bereitung der einzelnen Konserven eingehen zu können, liegt das Wesen der Büchsenkonserven darin, dass die betreffenden Fische oder Fischstücke entweder vorher gebraten und dann unter gewürzten  wässerigen Tunken eng verpackt eingeschlossen werden, wobei die Blechbüchse nach dem Verschließen ein abermaliges Erwärmen und damit ein wirksames Abtöten der Fäulniskeime gestattet oder aber im Verpacken
des rohen Fisches oder Fischfleisches unter Öl (Ölkonserve)· oder gewürzten wässerigen Tunken (Bismarckhering, Russische Sardinien) ·usw.

Alle diese Konserven sollen frei von Gärungs- und Fäulniskeimen hergestellt, von der Berührung der Luft und winzig kleinen Begleitern abgeschlossen und dadurch haltbar gemacht werden. Zusatz anderer konservierender chemischer Mittel —  außer dem Kochsalz, dessen antiseptische Wirkungen nicht eben beträchtlich sind —  ist unzulässig (Borsäure, Salizylsäure usw.). Dergleichen Zusätze sind im Handel gesetzlich
unstatthaft.

Für frische Fische auch im großen als Konservierungsmittel Kälte und Einfrieren. Die Bereitungsarten müssen besser erlernt werden. Krebse und Hummer sind schwer verdauliche Nahrungsmittel, während die Auster ein leicht aufzehrendes Eiweiß besitzt, das sie sogar als Krankenkost geeignet macht.

Veränderungen an Fischfleisch nimmt die Nase wahr; es entwickeln sich beißende Riechstoffe, die man niemals unbeachtet lassen darf, auch bei tags zuvor gekochten Hummern oder Krebsen nicht. Hummern und
Krebse müssen stets nach dem Kochen gekrümmte Schwänze haben.

Giftige Miesmuscheln richten oft Schaden an, dieselben setzen sich an mit Giften behandelte Schiffsböden, saugen sich fest, nehmen Gifte auf, lassen vom Schiffsboden los und werden dann natürlich mit gesunden zusammen eingefangen. Die kranken Muscheln, welche man auslesen muss, zeigen hellere Farbe als die gesunden. Möglich ist auch, dass Austern Schiffsgifte in sich aufnehmen, wenn sie sich ansaugen, doch würde dazu wohl mehr ein still liegender Schiffskörper in Betracht kommen. Eine vollkommen frische Auster hat fest zusammengeklebte Schalen. Leicht zu öffnende Austern sind zum Genuss untauglich.


Dieses Rezept in:

(1920)

Ein weiterer Kochbuchklassiker ist das „ABC der Küche“, seit 1885 in zahlreichen Ausgaben immer wieder neu aufgelegt. Hedwig Heyl, spätere Verehrerin Hitlers, gründete 1884 die erste Koch- und Haushaltungsschule für Frauen.