Text von 1858

In welchen Monaten das Geflügel am besten ist

und die Vorrichtung desselben zum Kochen und Braten

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In folgenden Monaten ist das Geflügel am besten:

  • Puter von September bis zum Dezember
  • Gänse von Mitte des Oktober bis Mitte Januar
  • Kapaune in den Wintermonaten
  • Hühner in der Zeit, wo sie nicht legen, übrigens gebraucht man sie das ganze Jahr hindurch
  • Hähnchen (Kücken), wenn man sie haben kann.

Nach der Art des Geflügels, muss dasselbe ein oder mehrere Tage vor dem Gebrauch geschlachtet werden, man richte sich dabei nach folgender Angabe:

  • Junge Hühner, Hähnchen, Kücken und Tauben muß man wenigstens am Abend vorher
  • alte Hühner, Kapaune und Enten Tag und Nacht
  • Puter 2 und Gänse 3 – 4 Tage hinlegen

Sollte man jedoch einmal genötigt sein, das Geflügel bald nach dem Abschlachten gebrauchen zu müssen, so gebe man demselben 10 Minuten vor dem Schlachten 1 Eßlöffel voll scharfen Essig ein, wodurch das Fleisch ungleich milder wird.

  • Den Hühnern, Hähnchen, Kapaunen und Putern wird mit einem scharfen Messer die Gurgel durchgeschnitten
  • Enten der Kopf abgehauen
  • Tauben derselbe abgerissen
  • den Gänsen wird mit einem spitzen Messer in die Hirnschale gestochen, das Blut in etwas Essig aufgefangen und das Loch mit einem glühenden Eisen, damit die Federn nicht blutig werden, wieder zugebrannt.

Alles Federvieh, welches man zum Braten und zu braunem Ragout bestimmt hat, wird gleich nach dem Abschlachten so lange es noch warm ist, trocken gepflückt, nur muss dies behutsam geschehen, damit die Haut nicht reiße. Die Gänse werden gerupft. Nachdem vorher die Fittiche im ersten Gelenk abgedreht und die gröbsten Federn vom Schwanz zurückgelegt worden sind; auf der Brust werden vorerst jedoch nur die obersten Federn weggenommen, damit die darunter liegenden Daunen besonders gepflückt und aufbewahrt werden können.

Darauf wird das Federvieh gesengt, indem man eine kleine Handvoll Stroh auf dem Herde anzündet, wobei dasselbe an den Beinen gefasst und solches von allen Seiten über die Flamme gehalten wird doch sehe man zu dass es nicht von derselben geschwärzt werde. Zum Sengen des feineren Geflügels nehme man Papier, weil es dadurch nicht im Geringsten von seiner Weiße verliert.

Gänse und Enten werden nach dem Sengen mit warmem Kleienwasser oder etwas Mehl und Wasser abgerieben und die noch daran sitzen gebliebenen Pilen (Stoppeln) mittelst eines spitzen Messers herausgezogen. Will man die Gänse aber längere Zeit erhalten, so darf man sie weder waschen noch ausweiden. Das Übrige ist weiter unten nachzusehen.

Das zur Suppe oder zum Frikassee bestimmte Federvieh wird gleich nach dem Abschlachten, damit es recht weiß werde, 1/4 Stunde in kaltes Wasser geworfen. Hierauf fasst man es an den Füßen, schüttelt es ab, hält es einige Minuten in heißes Wasser und, sollten sich die Federn nicht gut herausziehen lassen, so wiederholt man letzteres noch ein Mal, jedoch muss man bei jungem Geflügel das Wasser nicht zu heiß nehmen, dann pflückt man es behutsam und weidet es auf folgende Weise aus:

  • Puter und Kapaune schlägt man vor dem Ausweiden den Brustknochen ein, indem man sie mit dem Rücken auf ein Tuch legt und ein zusammen gefaltetes Tuch, damit die Haut nicht verletzt werde, über die Brust deckt und mit einem Klopfholz den Brustknochen vorsichtig einschlägt und verfährt dann damit wie bei allem anderen Geflügel. Ein 2-tägiges Schlachten vor dem Gebrauch ist notwendig.
  • Den jungen Hähnchen drückt man mit dem Daumen den Brustknochen ein, wo man ihn dann inwendig ganz bequem heraus nehmen kann. Es dient dies dazu, dem Geflügel ein schöneres Ansehn zu geben.

Nachdem schneidet man dem vorstehend erwähnten Geflügel die Füße im ersten Gelenk ab, sticht Augen und Ohren mit einem spitzen Messer aus, zieht die Haut vom Kamm, die Hornartige Haut vom Schnabel, reißt die Zunge aus, macht zwischen Hals und Flügel einen kleinen Schnitt, greift mit dem Vorderfinger hinein und zieht den Kropf nebst der Gurgel heraus, dann macht man unten am Bauch einen kleinen Querschnitt, greift mit zwei Fingern, damit die Öffnung nicht weiter reiße und die Galle nicht verletzt werde, hinein und nimmt das Eingeweide behutsam heraus.

Zugleich nimmt man das geronnene Herzblut weg, schneidet die Fettdrüse ab, so wie auch die Stelle, wo der Darm endet. Die Galle wird nun vorsichtig von der Leber entfernt, der Magen, wo die weiße Haut sich zeigt, aufgeschnitten und die Haut abgezogen. Darauf wird das Geflügel von inwendig und außen gut gewaschen und gespült, eine Viertelstunde ausgewässert, abgetrocknet, in ein Tuch gewickelt und in eine Schüssel gelegt, weil es durch den Einfluß der Luft seine Weiße verliert.

Will man es nun zurichten, so wird es noch ein Mal leicht abgewaschen und je nach der Art des Geflügels aufgebogen. Leber, Herz und Magen werden, wenn man solche nicht zum Füllen benutzen will, in den Leib gelegt, indem sie da weniger austrocknen. Dem Aufbiegen aber geht das Füllen voran, welches gewöhnlich nur bei zahmem Geflügel angewendet wird und bei allem, außer bei Gänsen und Enten, auf folgende Weise geschieht: man greift mit dem Vorderfinger beim Halsschnitt hinein, sucht die Haut über der Brust von derselben zu lösen und die Öffnung zu erweitern, steckt ein Stückchen Brotrinde in die offene Gurgelstelle, füllt die bestimmte Farce hinein und näht die Haut wieder zusammen:

  • a) Der Puter wird auf folgende Weise aufgebogen: Die beiden Flügel dreht man nach dem Kopfe hin herum, dass sie flach auf dem Rücken liegen, schiebt die Beine in den Querschnitt hinein und durch die zweite Öffnung hinaus, dann legt man ihn auf den Rücken, dreht den Kopf herum und sticht denselben mit einer Spille, ein dünnes rundes zugespitztes Stückchen Holz, fest, damit er eine gute Haltung bekomme, doch sei man dabei vorsichtig, dass die Brust durch die Spille nicht verletzt werde. Darauf drückt man die Beine nach dem Kopfe hin nieder, wodurch die Brust hervortritt und sticht dann eine Spille durch die Keulen, dass dieselben sich fest anschließen. Zulegt wird der Puter gespickt, oder es werden Speckscheiben auf die Brust gebunden.
  • b) Hühner, Kapaune, Hähnchen und Tauben werden ebenso vorgerichtet, dann biegt man bei den drei ersten den Kopf am Rücken her und legt ihn unter den Flügel nach der Brust hin. Die Hühner werden nicht gespickt, die übrigen nach Belieben gefüllt und gespickt.
    Man kann mit Kapaunen, Hähnchen und Tauben auch auf folgende Weise verfahren, wodurch sie ein recht schönes Ansehen erhalten: Die Beine werden in den Leib hineingeschoben, indem man die Haut von allen Seiten durch Hin und Herschieben loszumachen sucht. Es muss dann aber hinten die Öffnung zum Ausnehmen durch einen kleinen Schnitt der Länge nach gemacht und dieselbe wieder zugenäht oder wie nachstehend gesagt verfahren werden
  • c) Zum Ausnehmen der Gänse macht man gewöhnlich einen Schnitt der Länge nach in den Leib, welcher nach dem Füllen wieder zugenäht wird. Man kann indes den Schnitt auf solche Weise machen, dass die Gäste glauben müssen da nicht die geringste Verlegung zu bemerken ist, man habe vergessen, die Gans auszunehmen. Zu dem Zweck wird der Schnitt, dicht am Steiß her, quer gemacht, doch nicht größer als eben notwendig ist, um geschickt das Eingeweide herausnehmen zu können, wobei die Darmöffnung nicht verlegt werden darf, da solche über den Steißknochen gezogen wird.
    Das Ausnehmen der Gans erfordert einige Vorsicht und geschieht wie folgt beim Herausziehen der Speiseröhre (Straße) am Halse sucht man mit dem Finger den Inhalt oben so viel als möglich zu lösen, greift dann mit der rechten Hand unten in den Querschnitt hinein, zieht zuerst das Eingeweide nach und nach heraus, fasst dann den Magen und bringt ihn bis vor die Öffnung, da derselbe aber nicht mit der Hand durchzubringen ist, so muss die linke Hand auf der Brust liegend nachschieben, so dass man die Spitze des Magens fassen und ihn herausziehen kann. Demnächst wird erst das Fett heraus geholt, was jedoch nur stückweise zu erreichen ist.
    Nachdem die Gans gereinigt, schneidet man Kopf und Hals so wie auch die Beine im ersten Gelenk weg, haut den Flügel zwei Finger breit vom Körper ab und gebraucht solches sammt Leber, Lunge, Herz und Magen zum Gänseschwarz-Ragout. Die Gans wird dann gut gewaschen, gevspült, eine Stunde gewässert und auf dem Speicher-Boden hängend einige Tage aufbewahrt. Das Füllen kann nach Gefallen beim Gebrauch oder Tages vorher geschehen, wie es bei der Zubereitung bemerkt worden. Nach dem Füllen wird nun die neben dem Querschnitt befindliche Darmöffnung über den Steißknochen gezogen und solcher zurückgebogen, wobei es dann des Zunähens nicht bedarf.
    Sollte aber durch Unvorsichtigkeit die Haut etwas eingerissen sein, so muß solche mit einem feinen Faden wieder zusammen gefügt werden. Die Gans muss wenigstens 2 Tage vor dem Gebrauch geschlachtet und vorgerichtet sein. In strenger Kälte kann man sie 2 – 3 Wochen an der Luft hängend aufbewahren, doch ist sie einige Tage nach dem Abschlachten am wohlschmeckendsten. Das Blut (zum Gänseschwarz fast unentbehrlich) erhält sich mit reichlich Essig vermischt offen und kalt stehend bei kalter Witterung 8 Tage.
  • d)  Enten werden wie Gänse behandelt die Halshaut wird zurückgeschoben, der Hals abgeschnitten und die Haut in die Öffnung gedrückt, auch mitunter nach Angabe gefüllt
  • e) Fasanen, Rebhühner und Birkhühner:  In einigen Gegenden lässt man, um das Wild zu bezeichnen, beim Pflücken, desselben besonders bei ersteren einige Federn auf dem Kopfe sitzen, die man beim Zubereiten mit einem Papier zubindet. Die Füße werden nicht wie bei anderem Geflügel abgeschnitten, sondern nur die Sporen abgehauen und die obere Haut von derselben abgezogen, nachdem man sie vorher in heißes Wasser gehalten hat. Die Spitze der Flügel wird abgeschnitten, Leber und Magen werden nicht benutzt, die Flügel gleich wie bei anderem Geflügel nach dem Kopfe hin umgebogen, die Beine im zweiten Gelenk von unten so gedreht, dass die Füße nach dem Kopfe hin gerichtet sind. Dann wird eine Spille (ein dünnes, rundes zugespitztes Stückchen Holz) durch die Schenkel gestochen
  • f) Schnepfen und Bekassinen werden ebenso vorgerichtet, jedoch nicht ausgeweidet, beim Aufbiegen wird der Schnabel in die Brust gestochen
  • g) Krammetsvögeln, Lerchen und Finken steckt man die im Gelenk abgeschnittenen Beine kreuzweise durch die Augenhöhlung und nimmt erstere nicht aus

Dieses Rezept in:

(1858)

Das „Praktische Kochbuch für die gewöhnliche und feinere Küche“ von Henriette Davidis war der Kochbuchklassiker des 19. Jahrhunderts, nach ihrem Tode unter anderem von Luise Holle weiter geführt und mit etlichen Neuauflagen bis in die Neuzeit. Die ursprüngliche Ausgabe von 1844/45 wurde beständig verändert und erweitert auf über 700 Seiten: