Text von 1879

Das Servieren

Die Tafel

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Das Servieren, welches die Herrichtung der Tafel, das Tranchieren, soweit es bei Tische geschieht, und das Herumgeben der Schüsseln umfasst, gehört eigentlich streng genommen nicht in das Gebiet der Küche, und doch ist dasselbe zum vollständigen Gelingen eines Mahles mit eine Hauptbedingung, denn oft sind nur Verstöße, die bei Tafel von der Dienerschaft gegen die allgemein üblichen Regeln gemacht werden, allein die Ursache, dass ein in der Küche mit Sorgfalt bereitetes Essen nicht die verdiente Anerkennung findet.

Es wird daher an der Stelle sein den Hausfrauen, welchen geübte Diener oder Tafeldecker nicht zur Seite stehen, eine kurze Anleitung zu geben, nach der sie im Stande sind, das Servieren, wie es jetzt überall gebräuchlich, selbstständig anordnen zu können.

Die früher übliche Art, die Speisen in drei Gängen auf die Tafel aufzusetzen, hat fast überall der bei weitem praktischeren, dieselben hintereinander herumzugeben, Platz machen müssen, weil das zum Aufsetzen erforderliche Service sehr kostspielig ist, und man die einzelnen Schüsseln in der Regel nur noch halb warm herumgeben konnte. Wir haben es daher nur mit der letzten Art zu tun. Als Speisetisch bedient man sich jetzt häufig der sogenannten Ausziehtische, die man beliebig von 8 bis zu 30 ja 40 Couverts vergrößern kann. Wo man dieselben nicht hat oder bei einer noch größeren Personenzahl setzt man mehrere Tische von gleicher Höhe und Breite fest nebeneinander in eine Reihe oder, wenn das Speisezimmer nicht lang genug ist, in Hufeisenform. Als Maßstab für die Länge der Tafel rechnet man gewöhnlich reichlich zwei Fuß auf jede Person.

Nachdem der Tisch mit einem oder mehreren zu einander passenden Tischtüchern, die jedoch an den Seiten tief herabhängen müssen, bedeckt ist, setzt man in die Mitte der Tafel einen Aufsatz, eine Blumenvase oder bei einem Familienfeste auch wohl einen Baumkuchen oder eine Torte, und in gleicher Linie der Länge der Tafel nach die Schalen oder Körbe mit Früchten, die Etagèren (Gestelle) mit dem Dessert (Nachessen) und die mit Wachslichten besteckten Kandelaber oder Leuchter. Die Kompott-Schalen sowie auch die Teller mit Dessert kann man in gleichmäßiger Entfernung auf den noch leeren Raum der Mitte verteilen.

Für jede Person setzt man einen flachen Teller fast dicht an den Rand der Tafel, etwa zwei Fuß von einander entfernt, Messer und Gabel kommen auf silbernen oder kristallnen Messerblöcken rechts von dem Teller, ebenso dicht daneben der Eßlöffel zu liegen. Auf die Teller legt man die viereckig gebrochenen Servietten sowie ein Milchbrot, welches jedoch auch häufig neben Messer und Gabel seinen Platz findet.

Hinter jeden Teller stellt man ein Wasser und ein weißes und ein grünes Weinglas. Die feineren Weine werden schon in die entsprechenden Gläser eingeschenkt dem Gast präsentiert, nur die Champagner-Gläser setzt man bei dem Braten auf und gießt den Wein sodann ein.

Die Wasser- so wie auch die Weinkaraffen, oder wo man letztere nicht hat, die Weinflaschen werden auf silbernen oder plattierten Untersätzen je nach der Personenzahl auf der Tafel verteilt. Ebenso müssen Salz und Pfeffernäpfchen in gleichmäßigen Zwischenräumen aufgesetzt werden, so dass sie jeder Gast leicht erreichen kann, ohne seinen Nachbar zu belästigen.

Auch eine oder mehrere Platmenagen (Gestell für Essig, Öl u. s. w., so wie Brotkörbe und Zuckerschalen, müssen sich auf der Tafel befinden. Nachdem so der Tisch fertig gedeckt ist, stellt man zu jedem Couvert einen Stuhl, siehe die Abbildung auf der ersten Seite.

Die Tafel

Bei Soupers (Abendbrot), wenn sie aus warmen Speisen bestehen, wird die Tafel wie oben gedeckt, oft aber, namentlich bei kleineren Gesellschaften, wird jedem Gast ein Teller nebst Messer, Gabel, Löffel und Serviette gereicht und die Speisen sodann herumgegeben. Bei kleinen Spielgesellschaften setzt man kleine Tische mit den Couverts neben die Spieltische und präsentiert die Schüsseln während des Spiels.

Es ist einleuchtend dass nach den verschiedenen Mahlzeiten und nach der vorhandenen Einrichtung obige Vorschriften vielfache Abänderungen erleiden können und dass man nach der Größe der Tafel mehr oder weniger Zierraten aufsetzt.


Dieses Rezept in:

(1879)

Das „Illustrierte Kochbuch für bürgerliche Haushaltungen sowie auch für die feine Küche“ von Ludwig Kurth, Kochlehrer in Berlin erschien 1861 bereits in der 3. Auflage und wurde ein echter Klassiker (1920 bereits die 17. Auflage). Das grundlegende Kochbuch bietet auf nahezu 800 Seiten „von der einfachen Hausmannskost bis zu den feinsten Gerichten“ alles „was die Küche selbst betrifft oder mit ihr zusammenhängt“ (Vorwort). Dieser Kochbuchklassiker beginnt mit dem „Servieren“ und der Einteilung der Schüsseln und endet mit einem „Küchenzettel für Dezember“.