Text von 1894

Der Herd

Allgemeine Vorbemerkungen

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Der Hauptteil der Kücheneinrichtung, der Herd, sollte immer so aufgestellt sein, dass er von drei Seiten frei zugänglich ist. Von einem guten Herde kann man verlangen, dass er bei mäßigem Verbrauch von Brennmaterial die ganze Platte möglichst gleichmäßig erhitzt, so dass man wenigstens auf drei Löchern gleichzeitig kochen kann, ferner dass eine einfache Klappenvorrichtung es ermöglicht, die Hitze vorwiegend nach einem Punkte zu richten oder von ihm abzuleiten.

Bei Anwendung nur einer Feuerung wird der Bratofen leicht etwas ungleichmäßig erhitzt, eine besondere kleinere Feuerung, um der Heizung des Bratofens nachzuhelfen, wird also wünschenswert sein. In diesem Falle muss die Pfanne oder das Kuchenblech durch Backsteine, mit welchen der Ofen ausgelegt wird, erhöht werden, damit die schädliche Einwirkung der zu großen Hitze von unten vermieden wird. Ist dann der Abzug der Feuerungsgase noch ausgenützt um einen Trockenraum zu erwärmen, der auch zum Vorwärmen von Tellern und Schüsseln verwandt werden kann, so ist es umso besser.

Ebenso ist ein sogenannter Beikessel mit Abflußhahn, welcher warmes Wasser in beständiger Bereitschaft hält, eine angenehme Zugabe, nur ist darauf zu achten, dass er jeden Morgen ganz gefüllt und bei anhaltendem Gebrauch des Herdes rechtzeitig nachgefüllt wird, weil er sonst leicht in Unordnung gerät. Ein sehr empfehlenswerter Nebenapparat des Herdes ist ein Bratthermometer welcher auch nachträglich am besten in der Tür des Bratofens anzubringen ist und beim Braten wie beim Backen viel zum sicheren Geraten der Sachen beiträgt. Eine Messingstange vor dem Ofen dient nicht nur zum Schutz der Kleidung, sondern kann auch zum raschen Trocknen von Tüchern gebraucht werden und ist nebenbei eine Zierde des Herdes. Als Feuerungsmaterial wird jetzt größtenteils nur noch Steinkohle benutzt, da Holz für Brennzwecke zu teuer geworden ist und Torf oder Braunkohle nur für bestimmte Gegenden in Betracht kommen. Doch ist das Holz in der Küche nicht ganz zu entbehren, nicht bloß für das Anmachen des Feuers bleibt es immer der geeignetste Stoff, sondern es ist auch zu Heizzwecken für manche Gelegenheiten am besten zu verwenden, wo ein lebhaftes Flackerfeuer für einzelne Gerichte wie Beefsteak wünschenswert ist oder wo bei Vorhandensein nur einer Feuerung der Bratofen gleichmäßiger erhitzt werden soll.

Torf ist zur Erzielung einer milderen Glut und zur Beschickung einer Nebenfeuerung unter dem Bratofen sehr angenehm und trotz der örtlichen Beschränkung der Braunkohle verdient die Grude oder der Braunkohlen-Koks eine besondere Erwähnung, weil der Grude Herd auch in weiter entfernten Gegenden Verbreitung gefunden hat, wegen der Billigkeit des Materials wie auch wegen der unter geringer Nachhilfe beständig fortdauernden Feuerung. Diese letzere Eigenschaft der Grude wird besonders von Hausfrauen geschätzt, welche anhaltendes Kochen der meisten Speisen für ein Haupterfordernis zum Geraten halten.

Da die Herausgeberin für die meisten Gerichte einer gegenteiligen Ansicht ist und den Wert der Zeit auch für die Hausfrau sehr hoch anschlägt, so zieht sie eine Heizeinrichtung vor, welche eine leichte Steigerung der Glut zum Schnellkochen gestattet. Will man etwa für Suppe und anhaltendes Kochen erfordernde Gemüse an der Heizung des Herdes sparen, so sind Filzbehälter, in denen die erhitzten Speisen von selber weiter kochen, bequem und praktisch In vollkommener Form sind dazu die sogenannten Selbstkocher erhältlich.

Die idealste Heizung des Herdes sowohl was zweckmäßige Regelung der Hitze als auch was Reinlichkeit und Bequemlichkeit anbetrifft, ist jedenfalls die Gasheizung. Doch muss ich gleich hinzufügen, dass das Gas immer noch der teuerste Heizstoff ist. Zwar wird seine Heizkraft weit vollständiger ausgenutzt als die der Kohle, dafür ist aber der Preis an sich naturgemäß ein höherer, selbst wenn es für Heizzwecke billiger geliefert wird wie als Leuchtgas. Vor allem aber wird der Gasherd teuer durch den Umstand, dass man seine Regelung nicht immer selbst überwachen kann und die Dienstboten bekanntlich fast ausnahmslos den Grundsatz haben, jede Flamme so hoch brennen zu lassen als es irgend angeht. Dazu kommt eben wegen der Ausnutzung der Heizkraft zu Kochzwecken, dass im Winter die Küche nicht genügend erwärmt wird also eine besondere Heizung des Raumes vorgesehen werden muss.

Dieser letztere Umstand gilt auch für Petroleum Kochmaschinen, bei welchem zudem Ruß und Dunstfreiheit meist nur ein theoretischer Vorzug bleibt, wenn die Hausfrau nicht selbst für tägliche Reinigung sorgt und die Regelung der Flammenhöhe überwacht. Ganz besonders aber wird dies nötig bei den Petroleum-Gaskochern, welche eine gesteigerte Heizwirkung haben. Zu Bratzwecken ist für den Petroleumherd wie auch für den Gasherd, wenn dieser nur eine Platte, keinen Hohlraum erhitzt, noch ein besonderer geschlossener Bratkasten erforderlich. Als solcher eignet sich der preußische Brat. und Backapparat, der auch auf dem Kohlenherde als Ersatz oder zur Entlastung des Bratofens recht empfehlenswert, ist da er den Innenraum sehr gleichmäßig erhitzt und die Dämpfe gut hält. Am verbreitetsten sind die Petroleum-Kocher als Hilfs-Kochmaschinen  namentlich für die warme Jahreszeit zur Bereitung eines einfachen warmen Abendessens oder nur zum Kaffee oder Teekochen, zu solchen Zweden jedesmal den Herd zu heizen, würde eine große Verschwendung von Heizstoff und eine unnütz Erwärmung des Küchenraumes bedeuten.

Wo ein Gaskochherd oder überhaupt Gasleitung in der Küche vorhanden ist, wird man natürlich lieber einen kleinen Gaskocher für solche Zwecke verwenden. Sehr zu empfehlen sind auch die verbesserten Spiritus-Kocher, doch sind von Dochtbrennern nur solche zweckmäßig, bei welchen nicht der Docht bewegt wird sondern durch einen beweglichen Teil mehr oder weniger Fläche des feststehenden unverbrennlichen Asbestdochtes frei gemacht wird. Angenehmer noch sind gute Brenner ohne Docht, welche beträchtliche Flüssigkeitsmengen in unglaublich kurzer Zeit ins Kochen bringen, als sehr zweckmäßig hat sich mir der Viktoria Brenner bewährt.


Dieses Rezept in:

(1894)

Das „Praktische Kochbuch für die gewöhnliche und feinere Küche“ von Henriette Davidis war der Kochbuchklassiker des 19. Jahrhunderts, nach ihrem Tode unter anderem von Luise Holle weiter geführt und mit etlichen Neuauflagen bis in die Neuzeit. Die ursprüngliche Ausgabe von 1844/45 wurde beständig verändert und erweitert auf über 700 Seiten: